Aus: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2006/0805/berlin/0051/index.html


Begleitet von Protesten von Opferverbänden hat Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei.PDS) am Freitag die neue Galeriewand zur Erinnerung an die deutsche Teilung am ehemaligen Grenzübergang Checkpoint Charlie eröffnet. Die Mauer sei sichtbarster Ausdruck der Teilung gewesen und habe viele Opfer gefordert, so Flierl. Die Junge Union protestierte mit Plakaten gegen die Foto-Ausstellung, die ihrer Ansicht nach nicht dem Gedenken an die Mauertoten gerecht wird.

Der Checkpoint Charlie sei ein Ort, an dem Weltgeschichte geschrieben worden sei, sagte der Kultursenator. Deshalb werde auch "die internationale Dimension" der Teilung dokumentiert. Auf rund 300 Metern Länge werden Tafeln mit 175 Abbildungen sowie kurzen und prägnanten Texten in Deutsch und Englisch gezeigt. Berichtet wird über den Mauerbau, die Konfrontation von Sowjets und Amerikanern, die Proteste gegen das Grenzregime, die Kuba-Krise, Volksaufstände in den Ostblock-Staaten, die Mauertoten, Fluchtversuche und den Fall der Mauer. Außerdem wird auf die anderen Gedenkstätten hingewiesen. Die Galerie kostete rund rund 200 000 Euro, finanziert wird sie vom Hauptstadtkulturfonds.

Kultursenator Flierl bezeichnete die Ausstellung als "notwendige und respektvolle Ergänzung des privaten Mauermuseums" am Checkpoint Charlie. Dessen Leiterin Alexandra Hildebrandt hatte im Jahr 2004 auf dem brach liegenden Grundstück 1 067 weiß gestrichene Holzkreuze zur Erinnerung an die Mauertoten aufgestellt. Die Kreuze wurden später vom Grundstücksverwalter abgerissen, nachdem der Pachtvertrag ausgelaufen war. An dem Bauzaun rund um das Grundstück wird nun die Fotogalerie gezeigt. Museumsleiterin Hildebrandt sagte am Freitag, sie freue sich über einen Satz, der auf einer der Tafeln steht. Ihre für die Maueropfer aufgebauten Holzkreuze seien, so heißt es dort, "vom rot-roten Berliner Senat aus politischen Gründen brutal abgerissen" worden. Das Zitat stamme von Alexandra Hildebrandt selbst, erklärte Rainer Klemke, Leiter der Gesamtkonzeption der Berliner Mauer. "Wir halten es mit Voltaire, jeder darf seine Meinung sagen." Das habe die Museumsleiterin offensichtlich so verblüfft, dass sie dachte, der Satz sei dem Senat "durchgerutscht", so Klemke.

Die Freiluft-Ausstellung, die Teil des vom Senats beschlossenen Mauer-Gedenkstättenkonzepts ist, wird nur zeitweilig zu sehen sein. Mit dem Verwalter des Grundstücks an der Zimmerstraße sei vereinbart worden, dass diese Galerie zunächst drei Jahre stehen bleiben dürfe, sagte Flierl. Langfristig ist an dieser Stelle ein Museum des Kalten Kriegs geplant.

Schon zur offiziellen Eröffnung kamen zahlreiche Touristen, die sich über das Geschehen an diesem Ort informierten. Aber auch Zeitzeugen waren erschienen. "Man wird nie in der Lage sein, den ganzen Schrecken der Mauer so darzustellen, dass die Menschen verstehen können, was wir erlebt haben", sagte die 66-jährige Heidrun Watzies. Die Junge Union forderte auf Plakaten "Aufrichtiges Gedenken!". CDU-Generalsekretär Frank Henkel erklärte, die Fotoschau sei "an Banalität und Geschichtsverfälschung kaum noch zu überbieten". Flierl werde niemals vergessen machen können, "dass er der Partei der Täter entstammt", sagte Henkel.

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